Erdoğan kritisiert Griechenland für ausstehende Auslieferung von Putsch-Soldaten

DAILY SABAH MIT AGENTUREN
ISTANBUL
Veröffentlicht 06.02.2019 15:02
Aktualisiert 06.02.2019 17:51
AFP

Die Türkei erwarte von Griechenland eine bessere Zusammenarbeit bei der Auslieferung der acht Soldaten, die nach dem Putschversuch 2016 nach Griechenland flohen, sagte Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Dienstag

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras im Präsidentenpalast in Ankara erklärte Erdoğan, dass Griechenland kein sicherer Hafen für Putschisten und Terroristen werden dürfe.

Am Dienstag hatte die Türkei eine Liste mit Ex-Militärs aktualisiert, die wegen ihrer Rolle beim Putschversuch von 2016 gesucht werden. Für die acht nach Griechenland geflohenen Offiziere ist jeweils ein Kopfgeld von 4 Millionen türkische Lira (ca. 770.400 US-Dollar) ausgesetzt.

Griechenland heiße die Putschisten nicht willkommen, aber dies sei ein Fall der Justiz, erwiderte Tsipras. Es sei wichtiger die Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit zu stärken.

Beide stellten jedoch auch den Ausbau ihrer bislang oft krisenhaften Beziehungen in Aussicht. „Auch wenn in unseren bilateralen Beziehungen zeitweise unerwünschte Situationen auftreten, so haben wir Möglichkeiten gefunden, sie schnell wiedergutzumachen", sagte Erdoğan. Tsipras sprach von einem „effektiven und ehrlichen Treffen". Es sei wichtig, in der Ägäis ein Klima der Kooperation zu schaffen. Beide Parteien hätten am Dienstag klargemacht, dass sie den „Teufelskreis" der Krisen durchbrechen wollten. Griechische Medien sahen noch am Abend „kleine und vorsichtige Schritte zur Annäherung".

„Wir denken, dass sich alle Probleme mit Griechenland friedlich lösen lassen", sagte Erdoğan. Jedes Problem lasse sich durch Dialog lösen, fügte er hinzu.

Auch Tsipras betonte seinen Willen zum Dialog. Er freue sich, dass die „Gesprächskanäle offen bleiben", sagte er. Gleichzeitig sprach er sich für „Beziehungen auf Basis der Achtung des internationalen Rechts und des gegenseitigen Verständnisses" aus.

Tsipras hält sich bis Mittwoch in der Türkei auf, es ist bereits sein zweiter Besuch in seiner Zeit als griechischer Ministerpräsident. Erdoğan hatte Griechenland im Dezember 2017 als erster türkischer Präsident seit 65 Jahren besucht. Damals kritisierte er die Diskriminierung der muslimischen Minderheit im Norden Griechenlands. Die Wahl von religiösen Oberhäuptern oder Muftis ist seit 1991 ein zentrales Problem der rund 150.000 zählenden muslimisch-türkischen Minderheit, die hauptsächlich in Thrakien lebt.

Zwar hat sich das historisch schwierige Verhältnis verbessert, doch bleiben viele Konfliktpunkte. In der Ägäis gibt es rund um eine umstrittene Inselgruppe immer wieder militärische Zwischenfälle, und auch im Zypern-Konflikt liegen die beiden Länder über Kreuz.

Kurz sprach Tsipras einen weiteren Hauptstreitpunkt mit der Türkei an, der Umgang mit den Gasvorkommen vor Zypern. Die Türkei lehnt ihre Förderung durch die griechischen Zyprer ab, solange der Konflikt mit dem türkischen Nordteil der Insel nicht gelöst ist. Beide Seiten hätten sich dafür ausgesprochen, mit „konstruktiven Maßnahmen" zu einem Abbau der Spannungen beizutragen, sagte der griechische Ministerpräsident.

Erdoğan sagte, dass die Türkei und Griechenland eine „gemeinsame Vision zu Zypern" schaffen sollten. Außerdem müsse „die politische Gleichberechtigung" der türkischen Zyprioten ein „grundlegender Parameter der Zyperngespräche" sein muss".

Zypern ist seit einem von der damaligen Militärjunta in Griechenland unterstützten Putsch und einer anschließenden türkischen Militärintervention im Jahr 1974 geteilt. Mehrere Versuche einer Aussöhnung gingen ins Leere, 2004 scheiterte ein von der UNO vorgelegter Plan für eine Wiedervereinigung. Im Mai 2015 wurden die Verhandlungen unter UN-Vermittlung wieder aufgenommen.

Sollte eine politische Einigung gefunden werden, müssten die Einwohner in beiden Teilen Zyperns der Vereinbarung in einem Referendum zusätzlich zustimmen. 2004 hatten sich die türkischen Zyprioten in einer Volksabstimmung für eine Wiedervereinigung ausgesprochen, die griechischen Zyprioten im Süden stimmten dagegen.

Nach seinem Besuch in Ankara will Tsipras am Mittwoch den orthodoxen Patriarchen Bartholomäus I. in Istanbul treffen und später mit ihm an einem Gottesdienst im orthodoxen Priesterseminar von Halki auf den Prinzeninseln vor Istanbul teilnehmen. Bartholomäus ist das Oberhaupt der griechisch-orthodoxen Kirche.

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